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Sachstandsbericht - 2018/004/441

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Sachverhalt

Sachverhalt:

 

 

Von der Beitragserhebungspflicht zur Freistellung

 

Inhalt

I. Die Finanzmittel des Kommunalrechts

II. Beitragserhebung

1.Entgeltlichkeitsprinzip der Beitragserhebung und das Problem der entgeltlosen Bereicherung

2.Billigkeitsmaßnahmen: Stundung, Verrentung und Ratenzahlung, Erlass - Härtefälle

3.Exkurs: Verstoß gegen die Beitragserhebungspflicht

III. Freistellung von der Beitragserhebungspflicht ab dem 26.01.2018

IV.Finanzierung der Freistellung

1.Begründung des Gesetzesentwurfs

2.Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf

3.Finanzierung von Straßenbaumaßnahmen durch allgemeine Steuern

4.Erhöhung der Finanzmittel durch die Erhöhung des Hebesatzes der Grundsteuer

5.Entlastung der Bürger durch die Erhöhung des Gemeindeanteils am beitragsfähigen Aufwand

 

 

I. Die Finanzmittel des Kommunalrechts

Die Beitragserhebung ist in der Gemeindeordnung verankert, in der die Finanzgrundsätze zur Erfüllung der kommunalen Aufgaben festgeschrieben sind. Die kommunalen Aufgaben ergeben sich aus Art. 28 Absatz 2 GG, nach dem die Gemeinde Aufgaben sowohl im eigenen als auch im übertragenen Wirkungskreis erfüllt. Dazu müssen der Gemeinde Finanzmittel zur Verfügung stehen. Für die Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis erhält die Gemeinde Finanzzuweisungen aus dem Finanzausgleichssystem zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Die Finanzierung der Aufgaben im eigenen Wirkungskreis ergibt sich aus § 76 GO SH. Dieser lautet (auszugsweise):

 

"§ 76 GO SH

(1) Die Gemeinde erhebt Abgaben nach den gesetzlichen Vorschriften.

(2) Sie hat die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel

1. aus Entgelten für ihre Leistungen,

2. im Übrigen aus Steuern

zu beschaffen, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht ausreichen. (…)"

 

Daraus ergeben sich nicht nur die zur Verfügung stehenden Deckungsmittel, sondern vor allem die Reihenfolge der Einnahmequellen, die eine Gemeinde zur Verfügung hat (Einnahmebeschaffungsgrundsätze). Diese Einnahmequellen und ihre Reihenfolge sind bindendes Landesrecht, von dem eine Gemeinde nicht abweichen darf.

 

 

 

Unabdingbare Reihenfolge der Einnahmequellen (= bindendes Recht)

 

1 - sonstige Einnahmen

2- Entgelte (= Gebühren, Beiträge und beitragsähnliche Entgelte)

3- Steuern

 

 

 

Die Gemeinde muss also zur finanziellen Deckung ihrer Aufgaben vorrangig sonstige Einnahmen verwenden. Sonstige Einnahmen können sich aus verschiedenen Quellen ergeben, so allgemeine Finanzzuweisungen aufgrund öffentlichen Rechts (z.B. Schlüsselzuweisungen) oder Steuerbeteiligungen (z.B. Gemeindeanteil an Einkommens- und Umsatzsteuer), aber auch Einnahmen oder Erträge aus privatwirtschaftlicher Betätigung einer Gemeinde.

 

Im Rang danach bedient sich eine Gemeinde der Entgelte für ihre Leistungen. Dies sind zweckgebundene Entgelte.

Gebühren werden zur laufenden Finanzierung von Kosten der öffentlichen Einrichtungen einer Gemeinde oder als Entgelt für besondere Leistungen der Gemeindeverwaltung erhoben (Benutzungs- und Verwaltungsgebühren, tatsächliche Inanspruchnahme!).

Beiträge dienen ebenfalls der Finanzierung öffentlicher Einrichtungen, allerdings nicht zur Deckung laufender Kosten sondern zur Mitfinanzierung des Investitionsaufwandes (Vorteilsabgeltung für die Möglichkeit der Inanspruchnahme).

Beitragsähnliche Entgelte sind die Tourismus- und Kurabgabe, die sowohl gebührenrechtliche als auch beitragsrechtliche Merkmale aufweisen.

 

An letzter Stelle bedient sich eine Gemeinde der Steuern zur Finanzierung ihrer Aufgaben. Gemeindesteuern kann eine Gemeinde nach dem Kommunalen Abgabengesetz erheben. Für diese Abgaben hat die Gemeinde die volle Abgabenhoheit. Erforderlich ist zur Erhebung dieser Abgaben eine Satzung. Daneben gibt es noch die Realsteuern (Bundessteuern) bestehend aus den Grundsteuern und der Gewerbesteuer. Die Gemeinden dürfen hier den Hebesatz festlegen. Die Abgabenhoheit darüber hat das Finanzamt, während wiederum die Ertragshoheit der Grund- und Gewerbesteuern bei der Gemeinde liegt.

 

 

II. Beitragserhebung

1. Entgeltlichkeitsprinzip der Beitragserhebung und das Problem der entgeltlosen Bereicherung

Ausgangpunkt der Beitragserhebung ist das Entgeltlichkeitsprinzip. Das Recht zur Erhebung von Beiträgen ist nach § 8 KAG SH abhängig von einer Leistung. Diese Leistungen sind in § 8 KAG SH genannt: Herstellung, Ausbau und Umbau sowie die Erneuerung der notwendigen öffentlichen Einrichtungen.

 

Öffentlichen Einrichtungen kommen verschiedenen Personenkreisen zugute. Einige öffentliche Einrichtungen dienen nur einem abgrenzbaren Personenkreis. Das sind die öffentlichen Einrichtungen, die bestimmten Personen in besonderem Maße zugutekommen (z.B. die Schmutzwasserentsorgung). Andere öffentliche Einrichtungen dienen sowohl einem abgrenzbaren Personenkreis als auch der Allgemeinheit (z.B. Straßen, Wege und Plätze). Die Allgemeinheit sind alle Einwohner einer Gemeinde, können aber auch Menschen von außerhalb sein. Erbringt die Gemeinde Leistungen, die sowohl einem abgrenzbaren Personenkreis als auch der Allgemeinheit zugutekommen, so trägt die Gemeinde immer einen Anteil der Investitionskosten aus eigenen Deckungsmitteln (sonstige Einnahmen und Steuern).

 

Für die den Eigentümern oder sonstigen dinglich Berechtigten eines Grundstücks durch die erbrachte Leistung entstandenen Vorteile darf die Gemeinde Beiträge erheben, die an dem erlangten Vorteil ausgerichtet sind. Der Beitrag ist also eine Gegenleistung für die von der Gemeinde vermittelten wirtschaftlichen Vorteile und dient dem Vorteilsausgleich. Eigentümer, denen durch die Inanspruchnahme einer öffentlichen Anlage ein Vorteil (z.B. Erhöhung des Verkehrswertes ihres Grundstücks) entsteht, sollen diesen Vorteil durch eine Geldleistung ausgleichen. Eine Finanzierung der erbrachten Leistungen durch Steuern würde den Vorteilsempfängern (Eigentümern) den vermittelten Vorteil auf Kosten der Allgemeinheit zukommen lasse. Andersherum ausgedrückt: die Allgemeinheit würde privaten Eigentümern einen geldwerten Vorteil verschaffen, wenn o.g. Leistungen der Gemeinde aus Steuermitteln finanziert würden. Zur Vermeidung dieser entgeltlosen Bereicherungen dient das Subsidiaritätsprinzip der Steuererhebung.

Dieses findet Niederschlag in den Einnahmebeschaffungsgrundsätzen der Gemeindeordnung, wie unter I. dargelegt.

 

2. Billigkeitsmaßnahmen: Stundung, Verrentung und Ratenzahlung, Erlass - Härtefälle

Im Einzelnen können beitragsrechtliche Forderungen zu unbilligen Härten führen. Das Abgabenrecht sieht Möglichkeiten vor, solche Härten abzumildern.

Stundung: Eine Stundung bewirkt, dass der Beitragsanspruch dem Grunde und der Höhe nach unverändert stehen bleibt, jedoch die Fälligkeit hinausgeschoben wird.

Ratenzahlung: Bei der Ratenzahlung werden neue Fälligkeitstermine mit neuen Teilbeträgen der Gesamtschuld vereinbart.

Verrentung: Die Verrentung ist eine Ratenzahlung mit langer Laufzeit. Nach § 8 Absatz 9 KAG ist es möglich, den Beitrag auf 20 Jahresleistungen zu entrichten. Dies muss in der Satzung festgeschrieben sein. Eine Verrentung auf 20 Jahre ist insbesondere geeignet, Härtefälle abzumildern. Sie ist auf Antrag und ansonsten voraussetzungslos möglich.

Erlass: Bei einem Erlass verzichtet die Gemeinde auf den Beitragsanspruch. Ein Teilerlass ist möglich. Ein Erlass ist immer endgültig.

 

3. Exkurs: Verstoß gegen die Beitragserhebungspflicht

Ein Verstoß einer Gemeinde gegen die Beitragserhebung- und Satzungspflicht kann unterschiedliche Folgen nach sich ziehen. Eine Gemeinde, die keine Satzung zur Erhebung von Straßenbaubeiträgen erlässt, verstößt gegen objektives Recht, nicht aber werden dadurch subjektive Rechte einzelner verletzt.

Es stellt keine Verletzung subjektiver Rechte einzelner Grundstückseigentümer/ Bürger dar, wenn die Gemeinde für die Straße A Beiträge erhebt und für die Straße B nicht. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG enthält keinen Anspruch auf allgemeine Gesetzesvollziehung.

 

Es liegt aber ein Verstoß gegen objektives Recht (Verstoß gegen die Gemeindeordnung) vor. Dieser Verstoß kann Gegenstand kommunalaufsichtlicher Maßnahmen sein. So kann die Kommunalaufsicht die Gemeinde anhalten, eine Satzung zu erlassen, wenn diese ihr Satzungsermessen nicht ausübt (=keine Satzung erlässt).

 

Strafrechtliche Bedeutung kann ein Verstoß gegen die Beitragserhebungspflicht für die Mitglieder der Gemeindevertretung, den Bürgermeister und der Verwaltung erlangen. Hier kann der Tatbestand der Untreue wegen Verstoßes gegen die Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Gemeindevermögen erfüllt sein.

 

III. Freistellung von der Beitragserhebungspflicht ab dem 26.01.2018

Voraussichtlich tritt das Gesetz über die Änderung der Beitragserhebungspflicht im Ausbaubeitragsrecht am 26.01.2018 in Kraft. § 76 Absatz 2 GO SH wird ab dem 26.01.2018 durch folgenden Satz ergänzt:

 

"Eine Rechtspflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen im Sinne der §§ 8 und 8a des Kommunalabgabengesetzes besteht nicht."

 

Hier handelt es sich um eine gesetzlich festgeschriebene Ausnahme der Einnahmebeschaffungsgrundsätze. Die Einnahmebeschaffungsgrundsätze sollen sich nicht mehr zu einer Beitragserhebungspflicht verdichten. Die Gemeinden dürfen von den Einnahmebeschaffungsgrundsätzen abweichen, indem sie entscheiden, ob sie Beiträge nach den §§ 8, 8a KAG SH erheben wollen.

Unverändert bleibt aber das System der Beitragserhebung selbst. Die Gemeinde muss, um Beiträge zu erheben, eine Satzung erlassen. Besteht eine Satzung, müssen auch weiterhin Beiträge erhoben werden. Die Regeln des KAG bleiben von der Gesetzesänderung unberührt. Unberührt bleiben von der Gesetzesänderung auch andere Beiträge, die sich nicht nach dem KAG richten (z.B. Erschließungsbeiträge).

(Ungeklärt bleibt bei der Freistellung das Problem der entgeltlosen Bereicherung. Ist es gesetzgeberischer Wille, Personen über die Allgemeinheit hinaus zu bevorteilen? Der Gesetzgeber schiebt an dieser Stelle die politische Entscheidung auf die Gemeinden.)

 

IV. Finanzierung der Freistellung

 

1. Die Begründung des Gesetzesentwurfs

Die Begründung für den Gesetzesentwurf fällt kurz aus und enthält keine Aussagen über den Ausgleich der durch den Verzicht auf die Beitragserhebung wegfallenden Mittel.

Zum einen wird der Gesetzesentwurf mit dem hohen Verwaltungsaufwand begründet, zum anderen wird ausgeführt, dass einer Gemeinde kein Nachteil durch den Verzicht der Erhebung von Straßenbaubeiträgen erwachsen soll.

a) Argument: der Verwaltungsaufwand

"Nach Aussage einzelner Kommunen stehe der Verwaltungsaufwand für die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen in keinem angemessenen Verhältnis zu den Einzahlungen bzw. Einnahmen. … Durch diese Änderung der Gemeindeordnung haben die Kommunen weiterhin die Möglichkeit Straßenausbaubeitragssatzungen zu erlassen und Beiträge zu erheben; eine Rechtspflicht dazu wird jedoch nicht mehr bestehen. Damit sollen die Gemeinden noch weitergehender die Möglichkeit haben, auf die örtlichen Gegebenheiten zu reagieren." (Drucksache 19/150 des Schleswig-Holsteinischen Landtags 19. Wahlperiode)

Gemeinden können also durch den Verzicht der Beitragserhebung, so der Gesetzesgeber, ihren Verwaltungsaufwand an die örtlichen Gegebenheiten anpassen.

 

b) keine Benachteiligung durch den Verzicht der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen

"Der Verzicht auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen darf hierbei nicht zu Nachteilen bei der Genehmigung des Kommunalhaushaltes oder der Mittelzuweisung des Landes führen. Das heißt:

Bei der Prüfung der in der Haushaltssatzung genehmigungspflichtigen Festsetzungen (Beträge der Kredite für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen sowie Verpflichtungsermächtigungen) darf die Erhebung bzw. der Verzicht auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen keine zu prüfenden Tatbestandsvoraussetzung sein. Die Gemeindeordnung stellt insofern lediglich auf die Grundsätze einer geordneten Haushaltswirtschaft und hierbei insbesondere auf die dauernde Leistungsfähigkeit und damit den Haushaltsausgleich ab.

Weiterhin darf im Rahmen der Fehlbetrags- und Sonderbedarfszuweisungen nach dem Finanzausgleichgesetz (FAG) i. V. m. der Richtlinie zur Gewährung von Fehlbetrags- und Sonderbedarfszuweisungen die Erhebung bzw. der Verzicht auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen zu keiner für die Gemeinde negativen Auswirkung, etwa in Form von reduzierten Zuweisungen, führen.

Schließlich darf die Erhebung bzw. der Verzicht auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen im Rahmen der Konsolidierungshilfen Straßenausbau zu keiner Reduzierung oder sogar zu einem Wegfall der Zuweisungen durch das Land führen." (Drucksache 19/150 des Schleswig-Holsteinischen Landtags 19. Wahlperiode)

 

2. Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf

Die Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen Landesverbände hat zu dem Gesetzesentwurf Stellung genommen. Es wird darauf hingewiesen, dass das Abweichen von den Einnahmebeschaffungsgrundsätzen grundsätzliche Fragen der Kommunalfinanzierung berührt und insoweit das OVG Schleswig und der Bundesverfassungsgericht an den Einnahmebeschaffungsgrundsätzen festhalten (=Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Freistellung). Befürchtet wird ferner eine Vorbildwirkung auch andere entgeltpflichtige, vorteilsbezogene und individualisierbare Leistungen durch die Allgemeinheit zu finanzieren.

 

"Für den Fall der Umsetzung des Gesetzentwurfs bedarf es zeitgleich einer Kompensation durch den Landesgesetzgeber. Mit der Diskussion über den Gesetzentwurf ist der Eindruck erweckt worden, die Kommunen könnten auf Straßenausbaubeiträge verzichten. Dies ist nicht der Fall. Die Finanzlage der Kommunen lässt es nicht zu, auf Ausbaubeiträge zu verzichten. Da der Verzicht auf eine Beitragserhebung nicht zum Verzicht auf den Straßenausbau und die dadurch entstehenden Kosten führt, muss der Gesetzgeber für eine Kompensation der ausfallenden Ausbaubeitragsmittel Sorge tragen. Hierzu ist im Grundsatz auf die Festlegung im Koalitionsvertrag zu verweisen, wonach es das landespolitische Ziel ist, dass die Kommunen im Rahmen der Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs in die Lage versetzt werden, ihrer Verpflichtung zum Ausbau kommunaler Straßen nachzukommen. Wenn dieses Ziel besteht, muss das Land für eine auskömmliche Infrastrukturfinanzierung durch Er-höhung der Zuweisungen im Kommunalen Finanzausgleich (§ 15 FAG) bereits mit dem Landeshaus-halt 2018 sorgen und die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellen. Der vage Verweis auf die zum Jahr 2021 anstehende Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs trägt insoweit nicht." (aus: Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen Landesverbände vom 09.11.2017)

 

3. Finanzierung von Straßenbaumaßnahmen durch Steuern im Allgemeinen

Zunächst einmal soll hier näher auf den Unterschied von Steuern und Beiträgen eingegangen werden

 

Nach § 3 Absatz 1 AO sind Steuern Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein.

Steuern dienen also der allgemeinen Erzielung von Einnahmen. Sie sind nicht zweckgebunden, sondern fließen in die allgemeinen Deckungsmittel eines Gemeindehaushaltes. Der mit der Steuererhebung oftmals einhergehende Lenkungszweck darf allerdings niemals Rechtfertigung oder sogar Hauptgrund für die Steuer sein.

Beispiel

Wenn eine Hundesteuer derart hoch ist, dass sich die Hundehaltung allein aus wirtschaftlichen Gesichtspunkte als beinahe unmöglich darstellt, so wird zwar der Zweck, weniger Hunde und Verschmutzung durch Hunde in einer Gemeinde zu haben erfüllt, allerdings würde die Erdrosselungswirkung der Steuer dazu führen, dass sie in der konkreten form verfassungswidrig wäre.

Der einzige Zweck, dem eine Steuer dienen darf aus rechtlicher Sicht ist der, dass die Gemeinde finanzielle Mittel benötigt, um die Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft zu bewältigen. Gemeindliche Steuern nach dem KAG sind nur als Verbraucher- und Aufwandsteuern zulässig. Sie sind nicht zweckgebunden. Über diese Steuern haben die Gemeinden die volle Ertrags- und Verwaltungshoheit (z.B. Hundesteuer, Spielautomatensteuer, Zweitwohnsitzsteuer, Bettensteuer).

 

Beiträge hingegen sind Geldleistungen, die Gegenleistungen für eine Leistung einer Gemeinde sind, und die durch den durch die Leistung erlangten Vorteil bestimmt werden. Beiträge werden für die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung erhoben, sie unterliegen keinen Lenkungszweck. Durch die Erhebung von Beiträgen soll nicht etwa erreicht werden, dass die Nutzer einer öffentlichen Einrichtung (z.B. die Anlieger einer Straße) die öffentliche Einrichtung weniger/ mehr/ verantwortungsbewußter/ sonst anders benutzen. Beiträge dienen insofern lediglich der Abgeltung eines erlangten Vorteils zur Mitfinanzierung eines Investitionsaufwandes. Daher werden nur diejenigen veranlagt, die durch die Leistung einen Vorteil erlangt haben. Die Allgemeinheit wird durch den Anteil an der Investition beteiligt, den die Gemeinde trägt.

 

Bedient sich die Gemeinde allgemeiner Deckungsmittel (Steuern), um Leistungen zu erbringen, für die es die Möglichkeit gäbe, eine Gegenleistung zu verlangen, verzichtet sie auf die Einnahme von Finanzmitteln. Diese Möglichkeit eröffnet die Änderung des § 76 Absatz 2 GO SH durch den Ausnahmetatbestand bei den Finanzbeschaffungsgrundsätzen aus der Gemeindeordnung. Es bleibt die Frage ungeklärt, wie eine Gemeinde mit der Vorteilsbeschaffung einzelner Eigentümer auf Kosten der Allgemeinheit umgehen will. Es ist auch fraglich, ob jede Gemeinde den Verzicht auf die Erhebung von Straßenbaubeiträgen durch Steuermittel auffangen kann und welche Folgen sich daraus ergeben können.

 

4. Erhöhung der Finanzmittel durch die Erhöhung des Hebesatzes der Grundsteuer

Gern diskutiert wird zur Zeit die Erhöhung des Hebesatzes der Grundsteuer. Der Gedanke dahinter ist, dass die durch den Wegfall der Straßenbaubeiträge entlasteten Eigentümer, aber auch diejenigen Eigentümer, die nicht von Straßenbaumaßnahmen betroffen sind, über die Grundsteuer veranlagt werden und dass dadurch die entfallenen Straßenbaubeiträge finanziell aufgefangen werden. Diese entstandene Differenz in den Finanzmitteln soll dadurch gefüllt werden, dass der Hebesatz der Grundsteuer erhöht wird.

 

Realsteuern, zu denen die Grundsteuer gehört, knüpfen an Steuerobjekte an, ohne Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Eigentümers oder sonst Berechtigten. Allein der Tatbestand, Eigentümer zu sein, reicht, um leistungspflichtig zu sein. Persönliche Verhältnisse wie Einkommen, Familienstand, Lebensalter oder Kinderzahl bleiben unberücksichtigt. Die Grundsteuer ist eine Bundessteuer. Die Gemeinde hat hier lediglich die Ertragshoheit und aufgrund der institutionellen Selbstverwaltungsgarantie aus Art. 28 Absatz 2 GG die Möglichkeit, den Hebesatz der Realsteuern zu bestimmen.

 

Der Hebesatz der Grundsteuer bestimmt die Höhe der Steuerzahlung, die sich aus dem Messbetrag und dem Hebesatz bestimmt. Der Messbetrag wird mit dem Hebesatz multipliziert und ergibt die Höhe der Steuerzahlung. Insofern beeinflusst der Hebesatz direkt die Höhe der von den Eigentümern zu zahlenden Grundsteuer.

Obwohl der Gemeinde die Ertragshoheit dieser Steuer zusteht, ist damit allein aber nicht die Summe berechnet, die nach Durchführung der Finanzumlage nach dem FAG die Einnahmenhöhe für die Gemeinde bestimmt. Diese berechnet sich aus dem Nivellierungssatz für das jeweilige Planungsjahr. Der Nivellierungssatz wird jährlich vom Land festgelegt und errechnet sich aus dem Durchschnitt aller vorhandenen Hebesätze der Gemeinden im Land Schleswig-Holstein. Eine Anhebung des Hebesatzes in einer Gemeinde kann nur dann zuverlässig zu Mehreinnahmen führen, wenn der Nivellierungssatz unter dem Hebesatz liegt. Da dieser aber jährlich neu als Durchschnitt aller Hebesätze bestimmt wird, kann eine Gemeinde kaum vorhersehen, wie sich die Erhöhung des Hebesatzes auf die tatsächlichen Finanzmittel auswirkt.

Zudem beeinflusst der Nivellierungssatz die Höhe der Finanzumlage nach dem FAG (Berechnung der Umlage für Amt, Kreis und Land). Aus dem Nivellierungssatz wird die Steuerkraftzahl berechnet, die unabhängig von den tatsächlichen Einnahmen durch Steuern u.a. als Grundlage für die Finanzumlage herangezogen wird.

Unzulässig wäre es auch, den Hebesatz in zu großen Sprüngen zu erhöhen.

 

5. Entlastung der Bürger durch die Erhöhung des Gemeindeanteils am

    beitragsfähigen Aufwand

Wurde eine beitragsfähige Maßnahme durchgeführt, steht der beitragsfähige Aufwand fest. Der beitragsfähige Aufwand stellt eine "negative Vermögensmasse" dar. Er berechnet sich aus allen Kosten, die zur Durchführung der Maßnahme erforderlich waren. Im Folgeschritt ist nun der umlagefähige Aufwand zu ermitteln. Vom beitragsfähigen Aufwand wird nun der Gemeindeanteil abgezogen. Der übrige Teil der negativen Vermögensmasse ist der umlagefähige Aufwand, der auf die Eigentümer verteilt wird.

 

Der Gemeindeanteil soll den Anteil am Aufwand für eine Maßnahme wiederspiegeln, der dem Wert der durch die Inanspruchnahmemöglichkeit der Allgemeinheit entspricht. Dies kann natürlich nicht für jede Straße einzeln bestimmt werden, sondern ist in der Beitragssatzung einer Gemeinde (und damit generalisierend!) geregelt.

Gemäß § 1 Absatz 1 Satz3 KAG SH trägt die Gemeinde einen Mindestanteil von 15 v.H..

 

 

 

 

 

Beitragsfähiger Aufwand = Gemeindeanteil (min. 15 v.H.) + Anliegeranteil (umlagefähiger

                                                                                               Aufwand)

 

 

 

Der Mindestanteil der Gemeinde kann höher gewählt werden. Der Satz muss sich an dem Vorteil bemessen, der der Allgemeinheit durch die ausgebaute öffentliche Einrichtung besteht.

 

Hinweis: In den Satzungen der Gemeinden des Amtes Siek sind die Anteile nicht in Bezug auf die Gemeinde sondern in Bezug auf die Anlieger festgelegt. Für die Anlieger ergibt sich also ein Maximalsatz von 85 v.H., den man unterschreiten kann (und in den vorhandenen Satzungen unterschritten wird).
 

 

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